Patrik-Philipp Huber, Jahrgang 1970, leitet zusammen mit seinem Vater Felix W. Huber die Uhrenfabrikation Zeno-Watch Basel, ein familiengeführtes Unternehmen, dessen Grundstein Jules Godat 1868 in La Chaux-de-Fonds mit der Produktion von Taschenuhren für Eisenbahner legte.
Der Astronom Johann Jakob Huber (geboren 1733 in Basel) ist nur einer von Patrik-Philipp Hubers Vorfahren, der sich mit der Uhrmacherkunst auseinandergesetzt hat. Felix und Patrik-Philipp Huber führen diese Tradition in der 10. und 11. Familien-Generation weiter. Zeno hat sich auf die Fertigung von klassischen mechanischen Armbanduhren, Fliegeruhren sowie grossen und übergrossen Uhren spezialisiert. 1922 wurde ZENO als eigenständige Marke registriert. Auch die Vakuum Taucheruhr „Compressor“ gehört zu den innovativen Leistungen der Uhrenfabrik. Im Interview mit Christian Dueblin spricht Patrik-Philipp Huber, gelernter Uhrmacher-Rhabilleur und Kaufmann sowie Connaisseur der Schweizer Uhrenindustrie, über die Entwicklung der Uhrenindustrie, über bedeutende technische Entwicklungsleistungen, die Rolle der Protestanten und Hugenotten für die Uhrmacherei, seinen Vorfahren, den Astronomen Johann Jakob Huber und die Quarzuhrkrise in der Schweiz, die der Uhrenindustrie in den Siebzigerjahren fast das Aus beschert hätte. Er beantwortet zudem Fragen zu Uhrenlegenden wie Nicolas Hayek und spricht über die Zukunftsaussichten einer interessanten und lange tot geglaubten Industriebranche.
Dueblin:
Herr Huber, bevor wir generell auf die Uhrenindustrie und ihre
Entwicklungen zu sprechen kommen, möchte ich Sie auf Ihre
Berufsbezeichnung ansprechen. Sie leiten zusammen mit Ihrem Vater nicht
nur eine sehr interessante Uhrenmarke – Zeno Watches Basel -, sondern
sind Uhrmacher-Rhabilleur. Was ist ein Rhabilleur?
Patrik-Philipp
Huber: Ein Uhrmacher-Rhabilleur lernt in der Ausbildung alles kennen,
von der kleinsten Damenarmbanduhr bis zur Kirchturmuhr. Er befasst sich
sowohl mit der Reparatur als auch mit dem Unterhalt von Uhren aller Art.
Er lernt unterschiedlichste, alte und moderne Fertigungsverfahren
kennen und ist später entweder in der Konstruktion oder Produktion neuer
Uhrwerke tätig, auch in der Qualitätssicherung oder im
Nachverkaufsservice und für die Überwachung maschineller Produktion von
Uhren.
Dueblin:
Sie und Ihre Familie sind nicht einfach nur zufällig in der
Uhrenbranche tätig. Ihr Vater ist Uhrenmacher und leitet den
Familienbetrieb Zeno seit über 40 Jahren. Die Spuren der Uhrmacherei
gehen in Ihrer Familie weit zurück, sehr weit sogar.
Patrik-Philipp
Huber: Ja, das ist ganz richtig. Zeno-Watches Basel ist ein
Familienbetrieb. Viele meiner Vorfahren haben sich schon mit Uhren
auseinandergesetzt. Ich gehöre zur 11. Generation, die im Uhrengeschäft
tätig ist. Der erste Vorfahre meiner Familie kam Anfang des 18.
Jahrhunderts aus Zürich nach Basel. Er war Schneider und sein Sohn wurde
Goldschmied.
Dueblin:
Es ist bezeichnend, dass sich die Uhrenindustrie, wie viele anderen
Industrien auch, in vorwiegend protestantisch geprägten Gegenden
entwickeln konnte. Ein wichtiger Ort in Bezug auf die Uhrengeschichte in
der Schweiz ist Genf, das sehr calvinistisch geprägt war und heute noch
ist. Wo sehen Sie Parallelen zwischen dem Protestantismus und dem
Herstellen von Uhren?
Patrik-Philipp Huber: Das
ist eine sehr interessante und schon fast philosophische Frage, die Sie
stellen. Tatsächlich hat beides miteinander zu tun, mehr als man
gemeinhin denken würde. Der Protestantismus gerade in Genf zur Zeit von
Calvin hatte grosse Auswirkungen auf die Gesellschaft und ihre
Verhaltensweisen. Der Glaube war auch bei den Protestanten wichtig und
es gab eine Vielzahl von Vorschriften, die jeder befolgen musste. Wir
erinnern uns an viele weltliche Sachen, die verboten wurden, so das
Singen und Tanzen, aber auch das Tragen von Schmuck. Verglichen aber mit
den Katholiken waren die Protestanten in Sachen Zeit flexibler und oft
aufgeschlossener für Neues. Mussten die Katholiken ihren ganzen Tag nach
den Regeln der Kirche richten und oft mehrere Male am Tag die Kirche
besuchen, hatten die Protestanten mehr Zeit, sich ihrer Arbeit zu
widmen. Viele Menschen aus anderen Ländern fanden gerade in
protestantischen Gebieten der heutigen Schweiz Schutz und wurden, vor
allem dann, wenn sie über interessantes Wissen verfügten, mit offenen
Armen empfangen, so auch in Genf und in Basel. In beide Städte
flüchteten – verfolgt von katholischen Machthabern und Regimen – auch
die Hugenotten. Sie haben nicht nur die Grundsteine für eine grosse
Uhrenindustrie gelegt, sondern sich auch in Sachen Chemie-, Farben- und
Textilindustrie verdient gemacht.
Ich
habe mir gerade in Bezug auf die Uhrenindustrie, deren Entwicklung in
der Schweiz mir sehr interessant erscheint, oft über die Hugenotten und
andere Verfolgte Gedanken gemacht. Diese Menschen konnten sich hier in
der Schweiz besser entwickeln, als an anderen Orten, wo sie und ihre
Familien oft mit dem Tod bedroht waren. Diese Situation war für manch
einen sicher auch Anlass, sich vermehrt der Frage zu stellen, wer man
eigentlich war und woher man kam. Für mich sind das Fragen, die einen
sehr hohen qualitativen Wert aufweisen. Sinn für Qualität und Präzision
war es denn auch, die es für das Erschaffen von Uhren bedurfte und sich
im Resultat, dem Erschaffen sehr hochwertiger Uhren und der Umsetzung
spannender Ideen, niederschlug.
Typische Uhr von ZENO Watch Basel:
Dueblin:
Wir wissen, dass es schon im Altertum Uhren gab. Damals wurden
Zeitmessinstrumente mit Sand oder mit Wasser betrieben. Wann erscheinen
bei uns die ersten Uhren, so wie wir sie heute kennen?
Patrik-Philipp
Huber: Gerade zwischen der Kirche und den Uhren gibt es einen ganz
interessanten Zusammenhang, der massgeblich zur Entwicklung der Uhr
beigetragen hat. Die ersten Uhren waren Kirchenuhren. Sie wurden bereits
im 14. Jahrhundert gebaut und hatten die zentrale Funktion, die
Menschen ans Gebet und an den Kirchgang zu erinnern. Solche Uhren
mussten noch nicht sehr exakt laufen. Sie waren aber schon sehr
ausgeklügelt und funktionierten mit Gewichten, die auf Zahnräder
wirkten. Erst später, als die Astronomie an Bedeutung gewann, wurde es
wichtig, die Zeit auch in Minuten und kurzen Intervallen messen zu
können. Auch die Seefahrt und die Kriegswirtschaft haben später sehr
viel zur Entwicklung der Uhr beigetragen. Für beide war die möglichst
exakte Zeitbestimmung sehr wichtig.
Dueblin:
Wie muss man sich eine Quarzuhr als Laie vorstellen, sprich was ist
grundsätzlich anders als bei einer mechanischen Uhr?
Dueblin:
Nicolas Hayek, ein gebürtiger Libanese, half der Schweizer
Uhrenindustrie wieder auf die Sprünge. Wie schätzen Sie als
Uhrenfachmann seine Arbeit und Leistungen ein?
Dueblin: Was hat Nicolas Hayek technisch hervorgebracht, was es nicht schon gab?
Dueblin:
Es sind aber nicht nur die technischen Entwicklungen, die zu diesem
grossen Erfolg der Schweizer Uhrenindustrie geführt haben, wie ihn wohl
niemand voraussehen konnte. Was hat sonst noch dazu geführt, dass die
Schweiz und ihre Uhrenindustrie sich wieder erholen konnten?
Das ganze Interview finden Sie unter: https://xecutives.net/patrik-philipp-huber-ueber-uhren-die-schweizer-uhrenindustrie-und-bedeutende-technische-entwicklungsleistungen/
(C) 2013 by Christian Dueblin.